Stammdatenmanagement: Was ist das eigentlich?

Tools, Prozesse und Best Practices

Stammdatenmanagement: Was ist das eigentlich? Tools, Prozesse und Best Practices

Das Stammdatenmanagement (Master Data Management, MDM) sorgt dafür, dass Unternehmen immer mit genau einer Version korrekter und aktueller Daten – häufig „goldener Datensatz“ genannt – arbeiten und auf der Grundlage dieser Informationen Entscheidungen treffen.

Das klingt einfach, aber in modernen Unternehmensumgebungen, die eine ständige Datenflut bewältigen müssen, kann das Stammdatenmanagement eine der komplexesten Herausforderungen sein. Damit nämlich ein Unternehmen eine angemessene Data Health
also Datenbestände, die eine effektive und zeitnahe Entscheidungsfindung ebenso
unterstützen wie die geschäftlichen Ziele –, ist ein goldener Datensatz, wie er sich durch das Master Data Management realisieren lässt, unverzichtbar. Wer Daten aus vielen verschiedenen Quellen aufnehmen und als genau eine konstante und zuverlässige Quelle für verifizierte Echtzeitinformationen vorhalten will, braucht eine Kombination aus Know-how, Tools und häufig auch einer strategischen Partnerschaft.

Stammdaten: Definition und Nutzen

Stammdaten sind Daten mit einer Standarddefinition, die zentrale Geschäftseinheiten definiert und beschreibt. Zu unterscheiden sind diese Daten von den Referenzdaten, d. h. Datensätzen, die zur Klassifizierung oder Kategorisierung anderer Daten (wie Maßeinheiten, Börsenkürzel, Währungen oder Ländercodes) dienen.

Welche Daten müssen verwaltet werden?

Es gibt grundsätzlich vier Bereiche, in denen Stammdaten verwaltet werden sollten: Produktdaten, Standortdaten, Kundendaten und sonstige Daten. Einzelne Stammdatenbereiche können mithilfe mehrerer MDM-oder PIM-Tools (Produktinformationsmanagement) verwaltet werden. Allerdings ermöglichen bereichsübergreifende MDM-Tools Unternehmen, alle diese Stammdaten auf einer zentralen und einheitlichen Datenverwaltungsplattform zusammenzuführen.

Wenn system- und abteilungsübergreifend für hochwertige Unternehmensdaten gesorgt ist, kann das Stammdatenmanagement erhebliche Vorteile wie die folgenden bieten:

1. Niedrigere Gesamtbetriebskosten

Betrachten Sie einmal alle Aspekte Ihres Unternehmens, die auf gesunde Daten angewiesen sind, um eine optimale Performance zu erbringen:

  • Alle Anwendungen und ihre Abhängigkeiten
  • Mitarbeiteroperationen von der Produktion bis hin zu HR-Veranstaltungen
  • Datenspeicher, einschließlich heißer (Arbeistsdaten) und kalter (Archivdaten) Informationen
  • Lagerbestandspläne, Lieferkettenlogistik und Auftragsprotokolle     und vieles mehr

Bereits kleinste Abweichungen zwischen Systemen oder Abteilungen können bei diesen Daten eine Kettenreaktion auslösen, die sich schnell auf alle damit verbundenen Informationen auswirkt, zu explodierenden Betriebskosten führt und den Geschäftsbetrieb des Unternehmens gefährdet. Solche minderwertigen Daten richten meist mehr Schaden an, als es zunächst den Anschein hat. In einer Studie der Harvard Business Review wurden bei Anlegen auch tolerantester Standards gerade einmal 3 Prozent der Datenqualitätsbewertungen als „akzeptabel“ eingestuft, und im Schnitt enthalten 47 Prozent aller neu erstellten Datensätze bereits von Beginn an mindestens einen kritischen Fehler.

Gesunde Daten dagegen können Unternehmen dabei helfen, Abläufe zu optimieren, Kosten zu senken und verlässliche Erkenntnisse für geschäftliche Entscheidungen zu gewinnen.

2. Schlankere Architektur

Die Reduzierung verpasster Geschäftschancen ist nicht die einzige Auswirkung des Stammdatenmanagements auf den Geschäftserfolg. Auch die Kosten für Betrieb und Support der Netzwerkarchitektur – ob on-premise, hybrid oder in der Cloud – werden direkt durch den Umfang der eingesetzten Ressourcen beeinflusst. Hierzu gehören
Speicherplatz, Verarbeitungsdauer und Netzdurchsatz.

Durch den Einsatz einer Plattform zur Vereinheitlichung von Datenbeständen in einer einzigen vertrauenswürdigen Datenquelle können Sie den Ressourcenbedarf für die Pflege mehrerer Datenquellen erheblich verringern, die IT-Betriebskosten senken und durch
Datensilos verursachte Zugriffsprobleme ausräumen.

3. Schnellere Bereitstellung

MDM ist ein zentraler Aspekt für moderne Entwicklungsansätze wie Continuous-Delivery, DevOps, Rugged DevOps und andere Architekturen, die gemeinsame und zuverlässige Daten erfordern.

Mit einem gesunden Datenbestand, auf den die Entwicklungsteams aufbauen können, durchlaufen Anwendungen und Verbesserungen die Entwicklungspipeline im Eiltempo. Das bedeutet, dass Entdeckungen, die durch das Stammdatenmanagement heute gemacht werden, möglicherweise sofort – statt erst nach einem zeitraubenden Zyklus der Codeprüfung und -korrektur – in Software umgesetzt werden können.

4. Vereinfachte Compliance

Eine große Herausforderung in der modernen digitalen Geschäftswelt ist die Compliance. Durch Regularien wie DSGVO, HIPAA, PCI DSS, CCPA und viele weitere entsteht ein rasantem Wandel unterworfenes Umfeld von Bedingungen, die Unternehmen erfüllen müssen, um vorschriftskonform zu agieren. Compliance kann ein Fulltime-Job sein (was in großen Unternehmen in der Regel auch der Fall ist).

Das Stammdatenmanagement kann dafür sorgen, dass Unternehmen alle Standards für eine überprüfbare, sichere Datenintegration erfüllen und so dazu beitragen, die Erstellung obligatorischer Compliance-Berichte wie auch die Durchführung von Audits zu vereinfachen. Zudem spielt eine erfolgreiche MDM-Implementierung eine entscheidende Rolle in vielen Data-Governance-Frameworks.

5. Verbesserung des Kundenerlebnisses

Wie sagt man so schön: Zeit ist Geld. Dies gilt umso mehr in einer digitalen Welt, die sich mit der gleichen Geschwindigkeit fortentwickelt wie die moderne Geschäftswelt, und vor allem im Hinblick auf die Zeit Ihrer Zielgruppe. Das Stammdatenmanagement bietet ganz neue Möglichkeiten, Ihre Kunden bei jedem Schritt des Transaktionsvorgangs anzusprechen und Ihre Performance auf der Grundlage von Echtzeitfeedback zu optimieren, denn es erlaubt die Beseitigung von Inkonsistenzen und Fehlern, die die Produktlieferung beeinträchtigen – von der ersten Interaktion mit dem Kunden in der App über Versand und Zustellung bis hin zum Feedback.

6. 360-Grad-Sicht

Mit einem modernen, Cloud-basierten MDM-Verfahren erstellen Sie eine vollständige und konsistente Echtzeitsicht jedes einzelnen Kunden. Durch Stammdatenmanagement entsteht ein goldener Datensatz, der Ihren Marketern aktuelle und korrekte Informationen für Segmentierung, Web-Personalisierung und ein besseres Verständnis des Kundenlebenszyklus vermittelt.

7. Aussagekräftige BI-Daten

Ein klares und aktuelles Bild aller Geschäftsprozesse erlaubt es Entscheidern, problematische Aspekte genau unter die Lupe zu nehmen, aber auch, aus der Vogelperspektive zu erkennen, wo nationale oder globale Trends ihr Unternehmen beeinflussen.

Da Daten Grundlage und Lebenselixier digitaler Umgebungen sind, sind die Auswirkungen des Stammdatenmanagements in jeder Umgebung so grenzenlos wie die Daten selbst.

Stammdatenmanagement in der Cloud: 4 zentrale Herausforderungen

So groß die Möglichkeiten der Cloud sind, so groß sind auch die Probleme, die beim Stammdatenmanagement in einer öffentlichen oder hybriden Cloud-Umgebung auftreten können – und täglich werden es mehr. Die folgenden vier kritischen Herausforderungen sollten Sie frühzeitig angehen:

  1. Sie können unter Berücksichtigung dieser Herausforderungen Überlegungen zu der Frage anstellen, welches der gängigen Designs am besten zu Ihren Anforderungen – und, genauso wichtig: zu Ihrem Budget – passt.
  2. Sicherheit! In modernen digitalen Umgebungen muss Sicherheit immer an erster Stelle stehen. Zu den großen Vorteilen des Stammdatenmanagements zählt, dass es eine zentrale vertrauenswürdige Datenquelle für alle Geschäftsprozesse bietet. Wird jedoch diese Quelle direkt angegriffen, dann kann das zu kostspieligen Geschäftsunterbrechungen führen. Daher sollte bei jeder MDM-Lösung Sicherheit oberste Priorität haben, sonst drohen Hacks, Malware und sogar Cybererpressung.
  3. Governance. Genauso groß wie die Möglichkeiten, die das Stammdatenmanagement bietet, sind die Herausforderungen bei seiner Handhabung und die damit verbundene Verantwortung. Dank der Fortschritte in Bereichen wie Automatisierung und Machine Learning können viele der Interaktionen, die einer MDM-Lösung zuarbeiten, automatisch im Hintergrund ablaufen. Trotzdem liegt es am Ende an der Unternehmensführung zu entscheiden, welche Daten als wichtig erachtet und in welcher Form BI interpretiert wird. Mit dem richtigen Governance-Ansatz wird nicht nur der Umfang festgelegt, sondern auch bestimmt, wer die Daten pflegt und interpretiert. Dies entscheidet darüber, ob Sie nur über eine einzige vertrauenswürdige Datenquelle verfügen oder diese auch wirkungsvoll einsetzen können,
  4. Expertise. Die richtige Mischung aus Expertise und der Bereitschaft, schnell zu lernen, ist wahrscheinlich für viele Organisationen die größte MDM-Herausforderung. Leider fehlt es vielen Unternehmen an interner Kompetenz, um eine ganzheitliche Lösung für ihre individuellen Anforderungen zu entwickeln. Daher sollten Sie sich frühzeitig entscheiden, ob Sie auf Schulung und Entwicklung setzen oder lieber outsourcen.

Welche Stammdatenarchitektur ist die richtige für mich?

Es gibt keine MDM-Strategie, die allen Anforderungen gerecht wird. Einer der Vorteile des Stammdatenmanagements ist jedoch sein flexibler, personalisierbarer Ansatz zur Verwaltung und Steuerung Ihres Stammdaten-Repositorys. Allerdings gibt es vier grundsätzliche Architekturen, denen sich erste MDM-Designs jeweils zuordnen lassen:

1. MDM – Registry Style

Bei diesem Ansatz arbeitet das Stammdatenmanagement mit verkürzten Datensätzen – sogenannten „Stubs“ –, die Angaben zu Datenquelle, aktuellem Speicherort und mehr enthalten. Der Registry-Stil ist die am schnellsten und kostengünstigsten bereitzustellende Architektur, denn hier wird die Menge derjenigen Daten minimiert, die MDM-Tools tatsächlich durchlaufen. Stattdessen werden Stubs in einem Arbeits-Repository konsolidiert.

Zu den Nachteilen des Registry-Stils gehört die höhere Latenzzeit, die mit dem Erfassen und Vergleichen von Stammdatensätzen mit Informationen auf entfernten Geräten verbunden ist. Darüber hinaus handelt es sich bei der Registrierung um eine unidirektionale Erfassung, d. h., Änderungen auf der Stammebene werden nicht an entfernte Quellen wie CRM-, ERP- und sonstige Systeme weitergegeben, was zu Inkonsistenzen zwischen Daten in der Stammquelle und entfernten Quellen führt.

2. MDM – Consolidated Style

Eine Consolidated-Architektur ähnelt einer Registry-Architektur, nur werden Daten in diesem Fall von den Quellen zum Master-Repository weitergeleitet.

Dieser Ansatz ist in Umgebungen beliebt, in denen man mit Latenz rechnet und die Konsolidierung normalerweise zu festgelegten Batch-Verarbeitungszeiten stattfindet. Allerdings werden die Daten im Masterrepository – wie auch beim Registry Style – nicht mit nachgelagerten Quellen synchronisiert.

3. MDM – Coexistent Style

Dieser Architekturansatz baut auf dem konsolidierten Stammdatenmanagement auf. Allerdings kommt hier die Synchronisierung der Stammdaten mit den Quellen als wichtiger Schritt hinzu, sodass ein Masterdatensatz entsteht, der sowohl im Hauptrepository als auch auf Ebene der einzelnen Systeme „koexistiert“.

Dies erfordert einen komplexeren Workflow und ist noch immer mit hohen Latenzzeiten verbunden, da die Daten über separate Batch-Prozesse erfasst und nachgelagert verteilt werden müssen. Diese Architektur ist bei kleinen und mittelständischen Unternehmen üblich, denn diese können es sich leisten, Stammdaten mehrmals pro definierter Zeitraum zu synchronisieren.

4. MDM – Transactional Style

Der umfassendste Architekturansatz – der Transactional-Stil, – ist auch der aufwendigste. Die Stammdaten werden von den Quellen in das Master-Repository migriert, wo sie entsprechend den Geschäftsregeln verarbeitet, bereinigt und standardisiert werden, und dann an die Quellen zurückgegeben.

Dieses Verfahren reduziert die Latenzzeit durch die direkte Koordination zwischen Stamm und Quelle und hat den Vorteil, dass die Regeln der Data Governance im gesamten Unternehmen umgesetzt werden.E s erfordert jedoch ein hohes Maß an Fachwissen und geeignete Tools für eine benutzerdefinierte Programmierung, um einen ordnungsgemäßen Datenfluss zu gewährleisten und zu verhindern, dass sich fehlerhafte Daten in der gesamten Umgebung verbreiten.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Unternehmen mit einer MDM-Architektur beginnen, aus der sich dann eine Architektur anderen Typs entwickelt. Maßstab für eine erfolgreiche MDM Implementierung sind Effizienz, Geschwindigkeit und Konsistenz, mit denen Stammdaten verschoben und gespeichert werden.

MDM und SOA

Tools für das Stammdatenmanagement erhalten in der Cloud durch ihr Zusammenspiel mit einer serviceorientierten Architektur (SOA) eine neue Bedeutung – und eine höhere Leistungsfähigkeit. Wenn praktisch alles – einschließlich der Infrastruktur – virtualisiert ist, können die Kosten für inkonsistente oder beschädigte Daten erdrückend sein. Cloud-native MDM-Lösungen bieten serviceorientierte Architekturen wie etwa Internet-as-a-Service (IaaS), um ausgehend von einer zentralen Datenquelle zu handeln. Hierdurch lässt sich unternehmensweite Konsistenz von Änderungen nahezu in Echtzeit erreichen.

Eine zentrale Herausforderung des Stammdatenmanagements in SOA-Umgebungen ist ein passender Data Governance-Ansatz, der Datenstruktur und Regeln zwischen dem Repository und dem Host der Remote-Systeme, -Services und -Software standardisiert. Für das IT-Personal kann es eine echte Herausforderung sein, ein Arbeitsprotokoll zum Austauschen und Überschreiben von Daten zwischen unterschiedlichen Systemen zu pflegen. Hier kann eine Partnerschaft mit einem zuverlässigen Experten Ihr Stammdatenmanagement deutlich erleichtern.

Die nächsten Schritte mit MDM

Durch die Integration einer MDM-Lösung in Ihr Datenmodell kann Ihr Unternehmen die Lücke zwischen gelieferten Produkten und den Nutzern quasi in Echtzeit schließen und Datenumgebungen beinahe schon in lebende Organismen verwandeln, die auf die moderne Geschäftswelt reagieren und ansprechen.

Mit einer ganzheitlichen Plattform wie Talend Data Fabric erhalten Unternehmen einen zentralen Steuerungspunkt für Daten und gleichzeitig auch Funktionen für Profiling, Anreicherung, Validierung und Stewardship – und das alles über eine konsistente Benutzeroberfläche, die sowohl IT- als auch Business-Anwendern eine Beteiligung am Aufbau einer gesünderen Datenumgebung ermöglicht.

Sind Sie bereit, mit Talend durchzustarten?